22.06.2023 - 6.1 Aufstellungsbeschluss über die Aufhebung des Be...

Beschluss:
ungeändert beschlossen
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Protokoll

Die Gemeindevertretung der Gemeinde Dranske beabsichtigt, den Bebauungsplan Nr. 10 „Bug Ostsee“, rechtswirksam seit dem 5.5.2001, im Stand der 1. Änderung, rechtswirksam seit dem 13.8.2003, aufzuheben. Hierüber wurde in der öffentlichen Gemeindevertretersitzung am 23.2.2023 ein Beschluss gefasst.

 

Mit der Aufstellung des Bebauungsplanes Nr. 10 „Bug Ostsee“ wurde die Entwicklung einer Ferienanlage auf dem Nordbug im Bereich des ehemaligen Militärstandortes planerisch umgesetzt.  Leitidee der Aufstellung war:…“ auf dem Projektstandort ein Ferienzentrum als neue Destination auf Rügen zu schaffen, da die bislang hier nur unterpräsentiert vertretene Zielgruppe der Bezieher höherer Einkommen mit einem spezifisch auf deren Bedürfnisse abgestimmten Angebotsmix gewinnen soll…….Vielmehr sollen zusätzliche Urlaubsanreize für den anspruchsvollen Urlauber, der ausländischen Destinationen bislang den Vorzug gegeben hat, geschaffen werden.In einem alle Ansprüchen der Ferienurlauber abdeckenden Sport-, Freizeit- und Unterhaltungsangebot werden alle rügentypischen Themen „Sommer, Sonne Strand“ aufgegriffen und konsequent weiter entwickelt….. was aufgrund der ungünstigen klimatischen Bedingungen vor Ort und der verkehrsmäßigen Anbindung an die Ballungsgebiete des Bundesgebietes im Vergleich zu ausländischen Urlaubsorten besondere Anstrengungen erfordert.““ (Auszug aus der Begründung zum B-Plan Nr. 10)

 

Für die Umsetzung dieses anspruchsvollen Projektes, das in Verbindung mit dem Bebauungsplan Nr. 11 „Bug Bodden“ eine Einheit bildet, wurde ein städtebaulicher Vertrag zwischen Gemeinde und Vorhabenträger am 10.10.2000 verabschiedet. Da mit einer zeitnahen Umsetzung gerechnet wurde, sind die im Vertrag benannten Fristen für die Durchführung und den Nachweis der Ausgleichsmaßnahmen trotz nochmaliger Fristverlängerung vom 8.6.2004 am 31.5.2005 abgelaufen. Im Vortext des Vertrages heißt es: „Gemeinde und Investor streben eine zügige Vorbereitung der bauleitplanerischen Voraussetzungen für die Realisierung dieses Projektes sowie die sich bei der Realisierung anschließenden infrastrukturellen Folgemaßnahmen an.“

 

Folgende externe Ausgleichsmaßnahme sollte nachgewiesen werden: Bereitstellung von 61,87 ha Fläche für die erforderlichen Waldausgleichsmaßnahmen. Das ist bis heute nicht erfolgt. Es ist zweifelhaft, dass die 2001 avisierten Ausgleichsflächen auch heute noch zur Verfügung stehen bzw. neu nachgewiesen werden können. Durch den Wegfall von Ausgleichsflächen bzw. die nicht nachgewiesene Sicherung leiden die Bebauungspläne 10 und 11 auf dem Bug an einem Rechtsfehler. Das Fehlen der Ausgleichsflächen führt zu einem Vollzugshindernis, wenn kein neuer Nachweis in einem gesonderten Verfahren erfolgt.

Eine erforderliche Waldumwandlungsgenehmigung, welche für eine Umsetzung der Bebauungspläne auf dem Bug erforderlich ist, ist bis heute ebenfalls nicht erteilt worden.

 

Die der Gemeinde Dranske übergebene selbstschuldnerische Bürgschaft zur Absicherung der Ausgleichsmaßnahmen in Höhe von 611.211,50 Euro wurde anwaltlich zurückgefordert und musste von der Gemeinde Dranske 2022 herausgegeben werden. Somit hat die Gemeinde derzeitig keine Sicherheitsleistung für den erforderlichen externen Ausgleich und müsste aufgrund der nunmehr fehlenden Sicherheiten bei Umsetzung des B-Planes und Nichtdurchführung der Ausgleichsmaßnahmen durch den Vorhabenträger hierfür selbst aufkommen.

 

Die Gemeinde Dranske hat in den vergangenen 20 Jahren umfangreiche weitere Projekte im Gemeindegebiet realisiert (B-Plan 15 „Rehbergort“, B-Pläne 17 und 18 in Lancken, Vorhaben- und Erschließungsplan Nr. 1 „Feriendorf Bakenberg“.)

Für die Umsetzung der Bebauungspläne auf dem Bug wären aufgrund zwischenzeitlich erfolgter großzügiger europäischer Unterschutzstellungen in den vergangenen Jahren (EU Vogelschutzgebiet DE 1446-401 „Binnenbodden vor Rügen“ und FFH- Gebiet DE 1446-302 „Nordrügensche Boddenlandschaft“) die Auswirkungen auf diese mit den ehemals geplanten 2000 Betten und 400 Liegeplätzen neu zu hinterfragen und zu prüfen..

 

Trotz vielfältigster Bemühungen seitens der Gemeinde kann bis heute nicht festgestellt werden, dass das Vorhaben zeitnah umgesetzt werden kann. Das Plangebiet ist derzeitig nicht erschlossen. Erschließungsverträge mit der Gemeinde oder dem ZWAR wurden noch nicht abgeschlossen. Somit ist eine Erschließung nicht hinreichend wahrscheinlich und absehbar.  Die Abwasserversorgung wäre durch den Anschluss an die Kläranlage Dranske Hof neu herzustellen, auch die Trinkwasserversorgung muss neu aufgebaut werden. Auch Baugenehmigungen können ohne gesicherte Erschließung derzeitig nicht erteilt werden.

Es ergibt sich aus den vorhandenen Unterlagen auch kein Hinweis darauf, dass eine Erschließungspflicht durch die Gemeinde bereits entstanden sein könnte. Erst wenn die Gemeinde Vertrauenstatbestände schafft, dass sie selbst in absehbarer Zeit die Erschließung umsetzen wird, z.B. durch Erteilung von Baugenehmigungen, kann die Erschließungslast sich in eine Erschließungspflicht wandeln.

 

Gem. § 42 BauGB ist eine Gemeinde gegenüber dem Vorhabenträger entschädigungspflichtig bei Änderung oder Aufhebung einer zulässigen Nutzung. Wird die zulässige Nutzung allerdings 7 Jahre nach Inkrafttreten der Zulässigkeit (Datum Rechtwirksamkeit B-Pläne oder Planreife nach § 33 BauGB) geändert oder aufgehoben, kann der Eigentümer nur eine Entschädigung für Eingriffe in die derzeitig ausgeübte Nutzung verlangen, insbesondere wenn infolge der Aufhebung ….. die Ausübung der verwirklichten Nutzung oder die sonstigen Möglichkeiten der wirtschaftlichen Verwertung des Grundstückes, die sich aus der verwirklichten Nutzung ergeben unmöglich gemacht oder wesentlich erschwert werden (§ 42 Abs. 3 BauGB). Eine aufgrund der Bebauungspläne verwirklichte Nutzung ist nicht festzustellen. Baugenehmigungen wurden seit 2001 nicht erteilt. Alle vorhandenen Nutzungen auf dem Bug ergeben sich aus dem Bestand der ehemaligen Militärliegenschaft bzw. wären in Bezug auf die Rechtmäßigkeit der derzeitigen Nutzung baurechtlich zu hinterfragen.

 

Die Gemeinde hat 2021 Auswirkungen der Rückgabe der Bürgschaft und Möglichkeiten eines Schadenersatzanspruches durch den Vorhabenträger an die Gemeinde anwaltlich prüfen lassen. Auch bei dieser Prüfung wurden unmittelbar absehbare Schadenersatzansprüche durch eine mögliche Aufhebung der Bebauungspläne nicht offensichtlich.

 

Der Tagesordnung 6.1 und 6.2 werden zusammen behandelt.

 

Am 23. Februar wurde in der GV-Sitzung ein Grundsatzbeschluss gefasst, dass zur nächsten GV-Sitzung diese Beschlüsse auf die Tageordnung gesetzt werden.

 

Der Sachverhalt und der Beschlussvorschlag werden verlesen.

 

Herrn Ahlers ist unverständlich, dass ein Beschlussvorschlag vorgelegt wird, ohne dass über Alternativen gesprochen wird.

 

Herr Ahlers stellt den Antrag zur Rückverweisung in den Bauausschuss.

 

Herr Dippe glaubt nicht, dass mit dieser Beschlussfassung die Gemeinde daraus ohne finanziellen Schaden hervorgeht.

 

Herr Petzold erklärt, dass diese Beschlüsse in der letzten Bauausschusssitzung von der Tagesordnung genommen worden sind. 

 

Herr Ahlers teilt mit, dass bei einer Beschlussfassung durch ihn Einspruch eingelegt wird.

 

Herr Große macht noch einmal klar, warum dieser Weg (Beschluss zur Aufhebung der B-Pläne) eingeschlagen wurde.

 

Auch Herr Kuhn erläutert noch einmal seinen Standpunkt und führt zur Historie aus. Dann erläutert er die möglichen Ergebnisse, wenn diese Beschlüsse gefasst werden. Im Zuge der sich anschließenden Verfahren gäbe es verschiedene Optionen,

  1. die B-Pläne komplett aufzuheben,
  2. nur Änderungen an den B-Plänen vorzunehmen,
  3. selbst eine Rücknahme dieser Beschlüsse wäre möglich.

 

Ein Aufhebungsverfahren von Bauleitplanungen mit Beteiligung der Öffentlichkeit und der Träger öffentlicher Belange dauern solange wie Verfahren zur Erstellung von B-Plänen, also mindestens ein bis eineinhalb Jahren.

 

Antrag von Herrn Ahlers auf Rückverweisung in den Bauausschuss und Einladung des Eigentümers dorthin:

 

  3 Ja-Stimmen  7 Nein-Stimmen 0 Enthaltungen

 

Anträge auf namentliche Abstimmung von Herrn Dippe und Herrn Ahlers sind entsprechend Kommunalverfassung nicht ausreichend. 

 

Mit Zustimmung von Herrn Große stellen dann die notwendigen 25 % der GV-Mitglieder den Antrag

 

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Beschluss

Beschluss:

  1. Die Gemeindevertretung der Gemeinde Dranske beschließt den Bebauungsplan Nr. 10 „Bug Ostsee, rechtswirksam seit dem 5.5.2001, im Stand der 1. Änderung, rechtswirksam seit dem 13.8.2003, aufzuheben. Es ist ein Aufhebungsverfahren nach dem BauGB durchzuführen.
  2. Der Beschluss ist ortsüblich bekannt zu machen (§ 2 Abs. 1 Satz 2 BauGB).

 

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Abstimmungsergebnis

 

Ausgeschlossen ist/sind:

Abstimmungsergebnisse

anwesend

ja

nein

Enthaltung

ausgeschl.*

Herr Kuhn

x

 

 

 

Herr Ahlers

 

x

 

 

Herr Dippe

 

x

 

 

Herr Große

x

 

 

 

Frau Harder

x

 

 

 

Frau Krausche

x

 

 

 

Herr Marzahn

 

x

 

 

Herr Petzold

x

 

 

 

Frau Schudde

x

 

 

 

Frau John

x

 

 

 

 10

7

3

0

0

* Verfahrensvermerk: Mitwirkungsverbot Aufgrund des § 24 der KV M-V

 

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